Kulturhoheit bewahren, Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten erhalten, Bundesmittel in Thüringen verwalten

Katja Mitteldorf

Zum Antrag der Fraktion der AfD - Drucksache 7/937

 

Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauerinnen am Livestream und – mir sei das mal gestattet – besondere Grüße an Frau Vanhoefen und Herrn Plote in diesem Zusammenhang! Ich habe ja wirklich immer mal das Gefühl, ich wäre in einer kleinen Zeitschleife gefangen, denn die Diskussion und Argumente, der Austausch und die vermeintliche kulturpolitische Debatte darum führen wir tatsächlich seit ungefähr anderthalb Jahren. Manchmal fühlt es sich an wie 25. Ich kann Ihnen sagen, verehrte Kolleginnen und Kollegen, das immer wieder selbe Argument falsch angeführt, kann sich eben auch manchmal wirklich wie 25 Jahre anfühlen.

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Zunächst einmal möchte ich nach der Rede meines sehr geschätzten Kollegen Kellner aus der CDU-Fraktion mal ganz grundsätzlich ein paar Punkte noch mal sehr klarmachen.

Erstens: Allein Anträge stellen ist im Übrigen noch keine Politik. Das heißt, es ist total schön, dass Sie aufzählen, wie oft Sie Selbstbefassungsanträge im Ausschuss stellen, die wir auch brav bearbeiten, aber das allein ist noch keine Politik. Die 31 Liegenschaften unserer Schlösserstiftung und andere Gebäude dieser Art, die nicht in der Stiftung sind – nur die Gebäude allein sind nicht die Thüringer Residenzkultur allein.

 

(Zwischenruf Abg. Kellner, CDU: Das habe ich doch gar nicht gesagt!)

 

Ich habe immer das Gefühl, wir führen hier eine Debatte, die sich zum Teil vor allem um Liegenschaftsverwaltung dreht. Ich finde es äußerst schade, das muss ich ganz ehrlich sagen

 

(Zwischenruf Abg. Kellner, CDU: Wir nicht!)

 

– doch, doch, auch der Kollege Kellner hat heute wieder groß darin geglänzt –, dass die Frage der Liegenschaftsverwaltung – und das ist ja nur ein extrem kleiner Teil dessen, worüber wir eigentlich reden sollten – das Hauptargument ist. Jetzt kann ich Ihnen mal eins sagen: Liegenschaftsverwaltung ist keine Kulturpolitik,

 

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

denn wenn man sich nur um die Gebäudehüllen bemüht und die Gebäudehüllen als kulturpolitisches Statement hat und – und das weiß jeder und jede Kulturpolitiker/-in, der/die das mit Herzen macht – natürlich die Gebäudehülle allein zwar schön ist, im Zweifel auch schön anzusehen, wenn sie saniert ist, dass aber die Nutzung dieses Gebäudes und welche Geschichte es erzählt und wie die Geschichte dieses Gebäudes als kulturhistorisches Zeugnis gezeigt wird, nur in dieser Kombination tatsächlich auch eine kulturpolitische Komponente hat. Das, sehr verehrte Damen und Herren Abgeordnetenkollegen, ist mir heute – und das tut mir sehr leid – wirklich viel zu kurz gekommen.

 

(Zwischenruf Abg. Kellner, CDU: Bei 8 Minuten bleibt nicht viel Zeit!)

 

Na ja, wenn man sich nur über Liegenschaften unterhält, kommt es zu kurz, weil man die anderen Themen nicht anbringt.

 

(Zwischenruf Abg. Kellner, CDU: Nein, ich habe nicht nur über Liegenschaften gesprochen!)

 

Dann will ich noch eins sagen: Signale aus dem Bund zu hören ist immer gut. Wenn man Signale hört, ist das ganz glorreich. Aber Signale aus dem Bund zu hören oder vermeintlich zu hören, ist noch lange keine Realität. Und weil wir gerade beim Bund sind und der Kollege Kellner uns im Besonderen auch immer erzählt, mit welchen Kontakten er im Bund agiert und wen er jetzt schon alles auf seiner Seite hat und wir letzte Woche auch den Kollegen Carsten Schneider im „Thüringen Journal“ vernehmen konnten: Wir können es uns auch ganz einfach machen. Diese Kolleginnen und Kollegen aus dem Bund, die offensichtlich alle mit Herrn Kellner einer Meinung sind, können natürlich jederzeit den im Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags gefassten Maßgabebeschluss ändern.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Das ist im parlamentarischen Handeln jederzeit möglich. Jetzt frage ich mich: Gibt es denn Gründe? Zum Beispiel erzählt uns Kollege Kellner seit anderthalb Jahren, dass auf jeden Fall die Bundestagsabgeordneten ganz anderer Meinung wären, dass diese das immer noch nicht gemacht haben. Also deswegen frage ich mich manchmal, welche Signale Sie tatsächlich hören.

 

(Zwischenruf Abg. Kellner, CDU: Also, Frau Mittelsdorf, Sie müssen zuhören, was ich sage!)

 

Wenn Sie sich, Herr Kellner, nach sechs Jahren meinen Namen immer noch nicht gemerkt haben, dann spricht sehr viel gegen Sie. Das will ich Ihnen auch mal sagen.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Der Zustand der Thüringer Landesstiftung, wie wir sie haben – das sollten wir in dieser Debatte übrigens nicht vergessen –, den haben wir dank 24 Jahren CDU. Den Umstand, dass Sie sich jetzt seit anderthalb Jahren hinstellen und völlig negieren, was unsere Thüringer Kulturstiftung im Vergleich zu dem, was eigentlich der Plan für eine mitteldeutsche Kulturstiftung war und ist, was der eklatante Unterschied ist, dass Sie das immer noch nicht verstanden haben, das finde ich äußerst tragisch. Aber es zeigt: Sie haben 24 Jahre lang diese Stiftung zu dem gemacht, was sie jetzt ist, und zwar eine reine Liegenschaftsverwaltungsstiftung mit einem äußerst geringen Personalbestand, noch dazu im Übrigen mit einer sehr, sehr eingeschränkten Möglichkeit, die Liegenschaften, die sie betreut, nutzbar zu machen.

 

Wenn wir zum Beispiel von dem Umstand reden, dass die Schlösserstiftung in Thüringen nicht mal in der Lage ist, etwas für das touristische Potenzial – was übrigens wichtig wäre –, gastronomische Angebote in Ihren eigenen Liegenschaften zu machen, weil der Stiftungszweck und der Stiftungssinn dieser Stiftung so eng gefasst sind, dann ärgert es mich sehr.

 

(Zwischenruf Abg. Kellner, CDU: Sie hätten ihn ja ändern können!)

 

Da kommen wir wieder zu dem Punkt: Was ist denn eigentlich „Kulturpolitik“ und was davon ist keine, wenn man sich darauf bezieht? Es tut mir sehr leid, dass das Dr. Voigt so gemacht hat – da war ich persönlich ein bisschen enttäuscht –, zu sagen, dass sozusagen die Liegenschaften die kulturelle Identität Thüringens wären, wo ich sage: Na sicher, sie sind sicherlich Teil davon. Aber so zu tun, dass die Gebäudehüllen – noch dazu jetzt quasi abgebaut und ins Nachbarland verfrachtet werden – einzig und allein der Grund sind, warum wir uns in Thüringen alle zuhause fühlen, das ist – also Entschuldigung, es tut mir wirklich sehr leid – großer Populismus.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Das reiht sich im Übrigen ein in eine, wie ich finde, äußerst spannende Begebenheit. Der Kollege Malsch ist ja tatsächlich der Meinung, dass Herr Brodführer, weil er irgendwie mal den Referentenentwurf des Staatsvertrags kritisiert hat, alle möglichen Linken auf den Plan gerufen hat, die vor lauter Gram – weil Linke ja dafür bekannt sind, also vor allem die, die Sie ja meinen, die sogenannten Linksextremisten in Ihrem Weltbild – sich um jedes Schloss einzeln ketten, weil sie es unbedingt bewahren möchten, dass genau diese Leute aufgrund der Aussage von Herrn Brodführer das Rathaus beschmieren.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Also, das fand ich schon wirklich das Unfassbarste, was ich in dieser Debatte gehört habe. Das muss ich sagen.

 

(Unruhe CDU)

 

Worüber reden wir, wenn wir sagen, es gibt Kritik an dem Referentenentwurf: Es reden ja immer alle davon, es gebe schon einen Staatsvertrag. Den gibt es im Übrigen nicht, weil es nach wie vor keinen Kabinettsbeschluss gab. Deswegen, lieber Jörg Kellner, hast Du auch offiziell keine Zuleitung, denn es gibt offiziell kein Dokument. Wenn besagter Herr Brodführer unbedingt so erzürnt war und deswegen das ganze Ding online gestellt hat und sich seitdem übrigens alle daran abarbeiten – vor allem die, die scheinbar sozusagen nicht wirklich die vollständige Ahnung haben, worüber wir hier reden –, dann ist das genau der Punkt, an dem wir jetzt wieder sind wie vor anderthalb Jahren. Die CDU-Fraktion im Besonderen muss sich einfach den Vorwurf gefallen lassen, dass sie entgegen ihrer Äußerung und Beschwörung vor allem eins nicht ist und eins nicht betreibt, und das ist Kulturpolitik.

 

(Beifall DIE LINKE)

 

Der Wunsch nach einer schlanken Förderstiftung, der jetzt vieler Orten noch mal nach vorn gestellt wird, der klingt natürlich total charmant, weil man sich sagt: Ja, dann bleibt unsere Thüringer Schlösserstiftung unsere. Aber es kollidiert genau mit dem, was ich Ihnen gerade versucht habe, mitzuteilen, was an unserer Schlösserstiftung nach wie vor fehlgeleitet ist. Es geht schon damit los – weil Sie alle kein Ungleichgewicht wollen und dieses in dem Referentenentwurf ja so rauslesen –, dass, wenn es eine schlanke Förderstiftung wäre, würden wir als Thüringen auf die schon angesprochenen jährlichen 15 Millionen Euro Betriebskosten verzichten müssen, weil unsere Thüringer Schlösserstiftung eben keine Museumsbetriebe beherbergt und demzufolge keine Betriebskosten für die Kultur, die sich innerhalb der Gebäude befindet, als Stiftung aufbringt. Das bedeutet, wenn man das weiterdenkt, das wäre uns dann also doch egal, wenn dann Sachsen-Anhalt eben 30 Millionen Euro im Jahr kriegt und wir benachteiligt werden, weil wir nämlich eine völlig andere Stiftung haben als Sachsen-Anhalt. Man kann das wollen, nur dann muss man sich eben auch ehrlich machen und sagen, uns geht es wirklich nur um die Gebäude und nicht um den eigentlichen Punkt, zu sagen, wir wollen eine Entwicklung hin zu einer touristischen Entwicklung, zu einer nachhaltigen Entwicklung auch zur Stärkung der Marke „Schlösserland Thüringen“. Das alles, sehr geehrter Herr Kellner …

 

(Unruhe CDU)

 

Vizepräsident Prof. Dr.-Ing. Kaufmann:

 

Frau Mitteldorf, kommen Sie bitte zum Schluss!

 

Abgeordnete Mitteldorf, DIE LINKE:

 

Sofort. – Das alles, sehr geehrter Herr Kellner, wollen Sie offenbar nicht. Und ich muss ganz ehrlich sagen, das enttäuscht mich nach wie vor persönlich. Wenn Ihr Antrag heute an den Ausschuss überwiesen wird, freuen Sie sich darüber! Ich werde an dieser Abstimmung nicht teilnehmen. Herzlichen Dank.

 

(Beifall DIE LINKE)

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